haasis:wortgeburten

Ralf Jandl (Horb)
DENK-MAL (1-3)

WAS LEHRT DIE GESCHICHTE?

Theodor Lessing meint, die Geschichte sei die SINNGEBUNG DES SINNLOSEN, kann man schon sagen, wenn man recht frustriert ist, aber sonst ?
Geschichte entsteht durch Veränderungen, sonst wären wir alle noch im Paradies.

Was aber will der Mensch? Zumindest, wenn es ihm einigermaßen gut geht, will er, dass sich nichts ändert und möglichst noch die Zusage von Planungssicherheit für die Zukunft.

Eine eitle Hoffnung.

Metternich verteidigte sein System mit dem Hofpublizisten Gentz gegen den Fortschritt. Bismarck stützte sich auf die Kreuzzeitung. Hitler auf Goebbels und Millionen Bewaffneter.

Über alle ging die Zeit hinweg. Ein System wechselte das andere ab. Heute aber soll alles ewig sein, selbst der Föderalismus, der de facto vor allem eine Förderung mittelmäßiger Politiker und ein großes Hemmnis der Politik ist.

Sollte man da nicht vorausschauen statt am status quo zu kleben, der täglich unbefriedigender wird? Man sollte drüber nachdenken.

 

WAS VERSTEHT MAN UNTER LEISTUNGSPRINZIP?

Selbst die Neue Zürcher Zeitung befasste sich jüngst mit Widersprüchlichkeiten des Leistungsprinzips.

Die erste Fundstelle befindet sich freilich in der Bibel im Gleichnis der Arbeiter im Weinberg. Jeder fängt an, wenn es ihm passt, und alle erhalten den gleichen Lohn. Der Verfasser schäumte bei diesem Beispiel schon als Grundschüler.

Später wurde er belehrt, es ginge „nur“ um den Einzug in das Himmelreich, der jederzeit möglich sei.

Wie sieht es heute aus? Gleiche Arbeit gleicher Lohn, denkste. Gleiche Leistung gleicher Lohn, auch nicht. Leistung ist Arbeit durch Zeit. Wer behindert ist, leistet weniger? Nein, wahrscheinlich subjektiv sogar mehr.

Frauen verdienen weniger als Männer, Ausländer weniger als Inländer, wo bleibt das Leistungsprinzip?

„Harmlose“ Beispiele aus der einfachen Arbeitswelt. Hier entstehen die Verzerrungen nicht, sondern immer, wenn andere eingesetzt werden, an deren DER CHEF VERDIENT.

Worin besteht die Leistung bei den Einkünften aus KAPITALVERMÖGEN, das nicht auf eigener Arbeit beruht?

Man sollte darüber nachdenken.

 

MEHR DEMUT GEFÄLLIGST

Es gibt ein NEUES MODEWORT in Politik und Gesellschaft: die Demut. Kreiert vom Bundespräsidenten selbst, der sonst zu einfachen Wahrheiten neigt.

Demut bedeutete in der Antike die ehrfurchtsvolle Selbstbescheidung des Menschen gegenüber den Göttern und dem Schicksal.

Klar erkannt, daran fehlt es den Bankern, die von Köhler darauf hingewiesen werden mussten. Im Christentum orientiert sich die Demut als christliche Grundhaltung an der Selbsterniedrigung Jesu. Geeignete Worte für Wallstreet. Schade, dass die meisten Börsianer „Dissidenten“ sein und christliche Tugenden ihnen spanisch vorkommen dürften.

Auf solch grobe Klötze gehören grobe Keile in Form von Steuergesetzen, die die Selbstbescheidung fördern.

Die Bevölkerung selbst hat schon die Demutstellung eingenommen: Schwanz einziehen, Zurücklegen der Ohren, Zeigen der ungeschützten Kehle.

Warten wir ab, wie sich die NEUE DEMUT IN BERLIN auswirkt, aber warten wir nicht zu lange, und außerdem, man sollte darüber nachdenken.

(Frühjahr 2009)

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