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Süss Oppenheimer

TOTENGEDENKBUCH FÜR JOSEPH SÜSS OPPENHEIMER Nr. 1

Ein ehrenvolles Gedenken
Autor Hellmut G. Haasis stellt "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer" vor

TOTENGEDENKBUCH FÜR JOSEPH SÜSS OPPENHEIMER Nr. 1 TOTENGEDENKBUCH FÜR JOSEPH SÜSS OPPENHEIMER

Gedenkbuch mit dem eingelegten Faksimile
des hebräischen Augenzeugenberichts von
Salomon Schächter, 1738 gedruckt in Fürth, montiert auf
einen Grabstein des Wormser jüdischen Friedhofs

WORMS. Hellmut G. Haasis hat Jahre damit zugebracht, das Leben des Joseph Süß Oppenheimer, vor allem aber seine Prozessakten bis hin zu seiner Verurteilung und Hinrichtung zu erforschen, um die Wahrheit über ihn ans Licht zu bringen und ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Seine weit reichenden Recherchen bilden auch die Grundlage für die Festspiel-Bearbeitungen der Jahre 2011 und 2012 von Dieter Wedel und Joshua Sobol.

Eins aber hatte Haasis bisher noch gefehlt, ein Exemplar des hebräischen Gedenkblattes der jüdischen Gemeinde Stuttgart, der "Augenzeugenbericht von dem Verscheiden des Joseph Süß", der belegt, dass Oppenheimer als bekennender Jude gestorben war.

Haasis wusste, dass ein solches Gedenkblatt 1738 in höherer Auflage in der Gemeinde Fürth gedruckt worden sein musste. Wohl aus Angst vor Verfolgungen hatten die Juden sie nach Erscheinen aber gleich verbrannt.

Weil ihm das Original fehlte, hatte Haasis 1994 eine alte Übersetzung publiziert, und die brachte einen jüdischen Bibliografen auf die Spur. In einer Privatsammlung wurde das kostbare Stück entdeckt.

Mit Unterstützung Volker Gallés konnte der unermüdliche Forscher nun im Worms Verlag das "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer" veröffentlichen und stellte es im Heylsschlösschen vor.

MIT AUGENZEUGENBERICHT
Den Augenzeugenbericht, der mit Hilfe dreier Kenner des Hebräischen ins Deutsche übersetzt wurde, hat ein Salomon Schächter angefertigt, der die letzten Monate des Angeklagten während seiner Haft zunächst in der Festung Hohenneuffen und Hohenasperg, dann im Stuttgarter Gefängnis beschreibt.

Schächter verschweigt nicht, dass Oppenheimer ein Mann gewesen sei, "der da sehr viel zugenommen an Verstocktheit seines Herzens, an Hochmut, an Reichtum und an Weisheit", doch weil er im Glauben gestorben sei, möge seine Seele "im Paradies ruhen mit den übrigen Gerechten und Bußfertigen in der zukünftigen Welt".

Schächter berichtet, dass Oppenheimer gefastet und gebetet und die mehrfachen Bekehrungsversuche christlicher Geistlicher freundlich, aber bestimmt zurückgewiesen habe. Am Tage der Hinrichtung habe er 52 Stufen zum Galgen hinaufgehen müssen, und auf jeder Stufe "Adonai hu ha-Elohim" (Der Herr ist Gott) gesprochen. Auch eine schwarze Binde mit den Zehn Geboten habe er um die Stirn getragen.

LEBEN UND WIRKEN
Neben diesem Augenzeugenbericht, der auch als Einzelblatt jedem Buch beigefügt ist, sind in dem Totengedenkbuch Texte über das Leben und Wirken Oppenheimers aus Haasis' bisherigen Publikationen zu finden, außerdem Verhöre, Protokolle, Briefe und andere Dokumente aus der Haft.

Schließlich sind erschütternde Texte zu Oppenheimers Ende abgedruckt, der erfolglose Versuch der Mutter, ihren Sohn noch einmal zu sehen, die Urteilsverkündung ohne Begründung, das verzweifelte Gespräch mit Marx Nathan und Salomon Schächter in der Todeszelle, Süß' Testament und schließlich der Bericht über die grausame Hinrichtung auf dem Galgenberg am 4. Februar 1738.

Vor seinem Tod hatte der Financier des Fürsten Karl Alexander um ein jüdisches Begräbnis gebeten. Das wurde ihm verwehrt. Erst sechs Jahre später wurde sein Skelett aus dem öffentlich zur Schau gestellten roten Käfig genommen und "verscharrt".

Hellmut G. Haasis hat nicht nur dafür gesorgt, dass auf dem Hohenneuffen eine Gedenktafel für Oppenheimer angebracht wurde, die den Justizmord beim Namen nennt, sondern für den Bucheinband das Schemen eines jüdischen Grabsteins gewählt, auf dem die Aufschrift des Totengedenkblatts zu lesen ist. So wurde Joseph Süß Oppenheimer nach nicht ganz dreihundert Jahren doch noch ein ehrenvolles Gedenken geschaffen.

Von Ulrike Schäfer
(Wormser Zeitung, 20. August 2012)
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Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer
HYPERLINK "http://www.synergia-verlag.de/totengedenkbuch-fuer-joseph-suess-oppenheimer-pi-58560.html"
HYPERLINK "http://www.synergia-verlag.de/totengedenkbuch-fuer-joseph-suess-oppenheimer-pi-58560.html" INCLUDEPICTURE "http://www.synergia-verlag.de/images_cache/A880_1_240_344.jpg" \* MERGEFORMATINET
mit dem hebräischen Gedenkblatt von Salomon Schächter, übersetzt und neuer hebräischer Satz von Yair Mintzker (Princeton University)
Von: HYPERLINK "http://www.synergia-verlag.de/haasis-hellmut-g-m-20785.html" Haasis, Hellmut G
HYPERLINK "http://www.synergia-verlag.de/worms-verlag-v-3179.html" Worms-Verlag, 2012, 120 Seiten, 155x213x13mm, gebunden
ISBN: 978-3-936118-85-8. Preis: 20,80 €
Joseph Süß gehört zu den interessantesten Persönlichkeiten des deutschen Judentums. Als Finanzberater des württembergischen Herzogs ging er im Machtkampf zwischen Landesherrn und Patriziat unter. 1738 wurde er in Stuttgart aufgehängt, rechtliche Gründe gab es keine. Bis heute bleibt Süß verdunkelt durch den NS-Film »Jud Süß« (1940) von Veit Harlan. Das Totengedenkbuch stellt erstmals einen unverfälschten Süß vor. Wir erleben ihn in Gießen menschenfreundlich, tolerant und humorvoll.

Großartig seine Häuser und Wohnungen, seine Bildersammlung und Bibliothek und die Vorliebe, Bedrängten zu helfen. Im ersten Verhör treffen wir einen schlagfertigen Häftling. Ein emotionaler Höhepunkt : der Tod seines kleinen Sohns im eiskalten Zuchthaus, bald nach der Geburt durch Luciana Fischer. Süß starb mit dem »Schma Jisrael« auf den Lippen und einer Abschrift der Zehn Gebote an der Stirn. Der Schächter Salomon schrieb ein hebräisches Gedenkblatt, das allen deutschen Gemeinden mitteilen sollte, Süß habe sein Leben als bekennender Jude beendet.

Die größte Sensation: Dieses in Fürth gedruckte hebräische Gedenkblättchen galt als verloren, aus Angst vor einem Pogrom hatte die Fürther Gemeindeleitung es aufgekauft – und verbrannt. Haasis gelang es, ein einziges verstecktes Exemplar zu finden. Es eröffnet uns einen neuen Zugang zu dem Justizopfer.

Das Totengedenkbuch bietet durchgängig schwer zugängliche Quellen des Prozesses, samt einem exklusiven Nachdruck des hebräischen Gedenkblattes.

Das hebräische Gedenkblatt der Stuttgarter jüdischen Gemeinde
Salomon Schächter: Augenzeugenbericht von dem Verscheiden des Joseph Süß secher tsadik livracha. (1 Blatt, Fürth 1738 mit hebräischen Lettern, am Ende des Bandes als Sonderblatt eingelegt)
Übersetzung des Gedenkblattes von Yair Mintzker (Princeton University)
Salomon Schächter: Augenzeugenbericht. Neuer hebräischer Satz von Yair Mintzker
 
Würdigung
Leben vor Stuttgart
Wilhelm J. Casparson: Als jüdischer Aufklärer in Gießen
 
Gelebte Kultur
Bibliothek
Wohnkultur in Ludwigsburg
Wohnkultur in Stuttgart
Bildersammlung
Gäste und Audienzen
Sprache
Neuer Typus eines Geschäftsmannes
Hoffnung für Bedrängte
 
Haft Prozess
Letzte Denkschriften an den Herzog
Erstes Verhör auf der Festung Hohenneuffen
Luciana Fischer und der Tod des gemeinsamen Söhnchens
Anklage des Geheimen Kriminaltribunals
Letzte Briefe an den Pflichtverteidiger Mögling
Letzte Erklärung im geheimen Gerichtsverfahren
 
Ende
Die Mutter möchte ein letztes Mal ihren Sohn sprechen
Christoph David Bernard: Schreckliches Aussehen in der Todeszelle
Protokolle der Wache in der Todeszelle
Marx Nathan und Salomon Schächter in der Todeszelle
Testament
Todesurteil
Verhaltensbefehl für die Stuttgarter
Johann Jacob Gross: Die Hinrichtung
Rechnung des Scharfrichters und die Gesamtkosten
Nächtliche Kontrolle des Galgens
 
Nachklang
Letzte Eingabe der Mutter
Verscharren des Skeletts
 
Hellmut G. Haasis: Das verschollene Gedenkblatt der Stuttgarter jüdischen Gemeinde
 
Über den Autor
 
Hellmut G. Haasis, geb. 1942 in Mühlacker/Württemberg. Autor, geschichtlicher Ausgräber, Märchenclown Druiknui, Roman, Theater. Schwerpunkte: Freiheitsbewegungen, Hoffnungen und Kämpfe italienischer Arbeiter, Sardinien, Kulturen besiegter Menschen ganz unten, jüdische Schicksale und Kultur, Aufklärung, schwäbische Erzählweise, Volksbuch der verspotteten Päpste, Charlie Chaplin in Prag. – Thaddäus-Troll-Preis, Schubart-Preis und Civis-Preis der ARD. –
Hauptwerke: »Den Hitler jag ich in die Luft«, Georg Elser; Tod in Prag, Heydrichs Ende; Joseph Süß Oppenheimer genannt Jud Süß; Joseph Süß Oppenheimers Rache; Spuren der Besiegten; Gebt der Freiheit Flügel; »Blauwolkengasse«, die älteste deutsche Emigrantenliteratur.


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