haasis:wortgeburten

BESUCH BEIM PAPST 2010 - ein AUTORENGEHEIMNIS


wie entstand meine dokumentarisch gesicherte, autobiografische satire

„EIN LAUSCHIGER SOMMERABEND MIT DEM PAPST IM ROM“
(rom 6. juli 2010)

von hellmut g. haasis
(august 2011)

Uli Trostowitsch: grafische Collage mit einem Engel, der Papstbier vom Himmel bringt, dem Denkmal des verbrannten Philosophen Giordano Bruno und dem Petersdom, bevor der Blitz einschlug.
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14. 4. 2011
lieber norbert feinäugle,
ein lebenszeichen aus betzingen. es gibt mich noch, gesund und munter, mit immer noch abseitigen literarischen ideen. auf diesem weg werde ich wohl nie ein opfer des MAINSTREAMS werden. da sind schon zu viele unterwegs.

ihnen im frommen oberschwäbischen zur entlastung, vielleicht auch ein wenig zum schmunzeln mein besuch mit einem freund beim papst letzten sommer, just am jahrestag, als 1415 in konstanz das konzil die „einzig richtige religion“ die tschechische rebellion und reformation mit dem feuer zu beseitigen hoffte.

sie werden mein pseudonym lepusis mit hilfe des lateinischen wortschatzes leicht auflösen können.

ihnen wünsche ich eine gutes frühjahr und einen erfrischenden sommer. ich selbst gehe im mai für drei wochen nach prag: arbeit an meinem ersten hochsprachlichen roman, der in prag spielen soll.

sie werden wissen, dass ich auch den schwäbischen märchenclown DRUIKNUI mache, übrigens oft in oberschwäbischen grundschulen, wo der dialekt ungebrochen lebt. da kann der könig wilhelm noch so viel jammern.

mit meiner zweiten geheimen clowns-identität studierte ich auch charlie chaplin und war entsetzt, traurig und bald zur gründlichen änderung seiner biografie bereit, als ich erfuhr, dass chaplin bei seiner ersten europa-reise 1921 nur nach london, paris und berlin gekommen sein soll – aber nicht in das herrliche prag, das damals nach der befreiung von österreich einen frühling seiner republikanischen freiheit erlebte.

also reist jetzt chaplin mit meiner historisch gesättigten fantasie nach prag, trifft einige der großen lichter der deutschsprachigen literatur, neben tschechischen avantgarde-künstlern, und hilft dem psychisch stark angeschlagenen kafka zu erleichternden, fast fröhlichen erlebnissen.

chaplin ist nicht von der bedrohlichen enge der prager juden niedergeschlagen und spielt seine freiheit dem depressiven, langsam dahinsiechenden autor des „prozesses“ und des „schlosses“ vor, der keinen ausweg sieht.

cordiali saluti
hellmut g. haasis

mein rom-treffen mit dem papst beginnt s. 15.
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Lieber Herr Haasis,
es wird Zeit, dass ich mich endlich für Ihr neues Buch bedanke, das Sie mir geschickt haben! Sie werden verstehen, dass ich es als praktizierender Katholik mit gedämpfter Begeisterung gelesen habe.

Literarisch gesehen halte ich Ihre Satire für eine exzellente Leistung. Ich hatte mich zunächst gewundert, dass Sie sich diesem Thema widmen, aber die fundierte Sachkenntnis und die Bezüge auf Tübingen haben mich dann daran erinnert, dass Sie ja Theologie studiert haben und vom Fach sind.

Das persönliche Erleben des jungen Ratzinger hat Ihnen zu einer wohl treffsicheren Einschätzung und Einfühlung verholfen, die der Satire sehr gut tut und sie trotz aller Angriffslust menschlich macht.

Als Satiriker ziehen Sie ja gekonnt alle Register. Besonders erfreulich finde ich, dass Sie eine fiktionale Darstellung gewählt haben und sie szenisch so anschaulich ausgestaltet haben, dass man daran wirklich sein Vergnügen haben kann.

Genial ist, wie Sie dabei die Technik der Selbstbloßstellung der Hauptfigur einsetzen und am Schluss den Papst an den Rand des Widerrufs bringen.

Bei den historischen Texten bin ich nicht bei allen der Meinung, dass sich eine Neuveröffentlichung heute lohnt.

Das Hébert-Kapitel dagegen hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ist zugleich die übersichtlichste und klarste Darstellung der Französischen Revolution, die mir bisher in die Finger kam. Mir ist da manches zum ersten Mal richtig klar geworden.

Herzlichen Dank also für dieses Lehrstück und ehrliches Kompliment!

Mit herzlichen Grüßen
Norbert Feinäugle
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August 2010

immer wenn ich in meinem büchlein mit dem besuch beim papst lese, allein oder vor publikum, kitzelt mich die idee, eigentlich sollte ich niederschreiben, wie diese in der literatur so einmalige papstsatire entstand.

anfangs sah die idee gar nicht danach aus, überhaupt auf die welt zu kommen. es mir war lange unklar, worauf es hinauslaufen sollte, als ich vor mich hinschrieb.

ich war am schluss total überrascht, als das abgeschriebene tonbandprotokoll sich so vergnügt auf meinem bildschirm tummelte. manchmal traute ich meinen augen nicht – und hab es deshalb immer lesen müssen, ziemlich laut und mit verstellten stimmen, um das fehlende theaterpersonal zu entsetzen.

ich wurde mir selbst ein fremder lektor – und hab deshalb immer wieder mal was verbessern können.

manche zufälle und assoziationen und verführungen haben mich dabei von meinem gewohnten seriösen schreib- und recherche-stil abgelenkt. und das hat mir gut getan – nicht nur den geneigten leserinnen, wie ich hoffe.

wie hat es angefangen und wann? in grauen vorzeiten, im jahr 1987, bestellte ich in der stadtbibliothek reutlingen mit der fernleihe einen rätselhaften titel, gedruckt in rom und avignon 1792, den seitdem niemand mehr gelesen hat.

warum lassen sich die literaturfreude von so einem schönen titel nicht bezirzen? ich jedenfalls werde bei einem fantasievollen titel dieser art gleich mitgerissen, verlier den rechnenden verstand und bestell, wie und wo ich kann. aber es hätte ja durchaus auch einer der phantomtitel sein können, wie sie gelegentlich durch die literaturverzeichnisse irren. dann hätte ich mich bloß geärgert.

das anziehende stück hieß:

„merkwürdige reise des papstes in den himmel, in die paradiesischen gerichtshöfe und in die hölle“.
angeblich aus dem französischen übersetzt (erste schwindelei, zur ablenkung der heiligen polizei)
und angeblich verlegt in „rom und avignon“.

der zweite scherz war leichter zu durchschauen. mit den beiden fernen verlagsorten wird der papst hochgenommen – was mir gleich recht war.

das reichsstädtische, fränkische und antipäpstliche gelächter hab ich deutlich gehört. miteinander lachten der drucker in seiner nürnberger winkeldruckerei, der verleger in seiner nürnberger buchhandlung und der abgetauchte autor in einer lauten, frechen nächtlichen versammlung der nürnberger revolutionsanhänger.

die dogmatiker des streng seriösen, kalt-sachlichen schreibstils werden ihre nasen rümpfen. aber ohne teilnehmende gefühle und mutige arbeitshypothesen kommt man im gut abgeschirmten milieu der UNTERGRUNDLITERATUR nicht vom fleck – man findet nix.

AVIGNON: dort residierten die päpste im 14. jahrhundert, von der kirche als exil betrachtet, angeblich eine gefangenschaft. wenn schon, dann mit goldenen ketten, der päpstliche palast ist noch heute so prächtig, dass er zum weltkulturerbe erklärt wurde.

hätten die päpste nicht dort bleiben können? frei denkende menschen hätten diese herren nicht vermisst.

nach zehn wochen kam endlich eine kopie dieser nürnberger untergrundliteratur bei mir an. ich war glücklich. im digitalen zeitalter kann man sich so ein abenteuerliches tempo nicht mehr vorstellen.

seitdem also, seit 24 jahren, wollte ich diese flugschrift in einem selbstständigen druck herausgeben. zuerst brachte ich das stück noch 1988 in meinem jakobinerwerk unter: GEBT DER FREIHEIT FLÜGEL. DIE ZEIT DER DEUTSCHEN JAKOBINER (1. band, s. 314-329).

denn außer mir wird niemand mehr das original bestellen – und eines tages auch nicht mehr kopiert bekommen, wenn die besitzende bibliothek in wuppertal erfährt, dass sie das einzige bibliotheksexemplar besitzt. – oder sie verkauft es für viel geld an einen privatsammler, der das stück in seinem banksafe verschwinden lässt. schlotternd vor einbrechern.

solche zweifelhaften brüder kenne ich.

da überfiel mich 2010 mein freund heiner mit einer säkularen bußpredigt: ich nähme mir einfach zu viele themen vor, ich sollte mich konzentrieren, auf das wesentliche. – und was wäre das? – die spottschrift gegen das papsttum, nürnberg im revolutionären jahr 1792. – wie? – ich, sagte er, mach den digital-satz, schreib alles ab, du korrigierst, und dann braucht’s nur noch als vorwort deine meinung über den aktuellen papst. sagen wir: fünf seiten. gibt ihm eine auf den hut, verdient hat er’s.

recht hat der heiner, sagte ich mir im stillen. und sammelte von da an alles über den unseligen ratzinger. erinnerte mich plötzlich an meine entlarvende begegnung im jahr 1968 mit dem OBERHASENFUSS unter den katholischen theologen in tübingen.

in der stuttgarter landesbibliothek las ich viel in ratzingers ausuferndem werk. schüttelte den kopf. o graus, was für ein DÜNNBRETTBOHRER. ich sammelte presseberichte über ihn, lud aus dem netz herunter, was das zeug hielt. auch, was der vatikan so abließ.

befragte ZEITZEUGEN, die den tattergreis noch als kleingeist kennengelernt, bei ihm studiert hatten. hörte von ihren späßen im hörsaal, wenn er nervig von der LIEBE sprach, die er für den höhepunkt der theologischen „wissenschaft“ hielt. sie setzten ihre trillerpfeifen in bewegung. gelächter erfüllte den hörsaal in tübingen.

nach einem halben jahr meiner nachforschungen quoll bei mir eine große pappschachtel über: alles RATZI.

jetzt bräuchte es nur noch ein bisschen ordnung, vielleicht biografisch, einen laufplan, wie ich das zeug aneinander reihen könnte. und ran an die tastatur.

so präpariert, überfiel mich eine lieblingsidee der SURREALISTEN um andrè breton - die tschechen mitstreiter in prag sollten wir nicht vergessen: DAS AUTOMATISCHE SCHREIBEN – unter möglichst geringer einschaltung einer kühl operierenden berechnung.

und bald lief es und lief. die gedanken flogen mir nur so zu. zweifellos meine eigenen, an eine übersinnliche welt glaub ich nicht.

wie kommt so eine art von schreiben bei mir voran? AUS DEM INNEREN: jede meiner biografischen gestalten sowie große konfliktsbewegung, selbst den schwierigen georg elser, schrieb ich grundsätzlich AUS IHREM INNEREN heraus.

ich segle nicht als oberschlaule der nation drüber hinweg, der geschichte ewig voraus, sondern entwickle die gestalt, ihr leben, ihre sich langsam verfertigenden gedanken aus ihrem inneren heraus – so weit ich es anhand von dokumenten und eigenen überlegungen rekonstruieren und mir vorstellen kann.

diese SCHREIBSICHT AUS DEM INNEREN HERAUS stört gelegentlich die nicht immer geneigten rezensenten. darüber lass ich mir keine grauen haare wachsen, ich hab schon lange welche. und wenn die böse meinung gegen mich besonders bizarr ausfällt, kicher ich vor mich hin.

klar war mir von anfang an, wir wollen aufgrund meiner tübinger begegnung mit dem PÄPSTLICHEN HASENFUSS den alten herrn etwas fragen, was er uns auf dem normalen weg niemals beantworten würde.

wie sollte das gehen?

wenn man es auf dem üblichen weg macht, kommt man zu nichts. anfrage wegen einer audienz, brief an den vatikan, abwimmeln von einem sekretär, vertröstung auf eine massenaudienz usw.

als rationalist halte ich wenig von einer spiritistischen sitzung. ob ratzinger an meinen gartentisch unter der blutbuche käme? genügend rot wäre es dort über ihm.

da blieb mir nur die idee, ich selbst müsste ihn aufsuchen mit hilfe eines realitätsgeschwängerten mediums, von dem am ehesten ich etwas verstünde.

und was wäre das? eine HINEINVERSETZUNG in sein VERKORKSTES INNERES mit neugier, beharrlichkeit, charmantem entgegenkommen, fröhlicher unbekümmertheit – und ein klein wenig SYMPATHIE MIT EINEM ANGSTHASEN, der ein opfer schlimmer misshandlungen geworden ist – jawohl, auch er.

so saß ich eines tages tatsächlich nicht mehr vor meiner tastatur am computer, sondern in rom, in einem fast schon paradiesischen biergarten. allein mit dem papst. allein?

aber nein, ich nahm den heiner mit, dem es hinterher zuerst mal gar nicht so recht war. im innenhof der pizzeria konnte er anfangs nichts machen, er saß einfach neben mir und vesperte mit und bekam mehr und mehr courage und fragte herrn ratzinger kitzlige dinge, die wir zwei schon immer vom chef aller gesundbeter wissen wollten.

als wir in diesem lauschigen innenhof der römischen pizzeria saßen (adresse ist genannt, damit wir nicht als fälscher gelten, die wir ja unmöglich sein können), ergab sich der ablauf automatisch. schlag auf schlag! so schnell habe ich noch nie eine seite getippt. und nie mit so viel vergnügen. ein wortgebäude, von dem ich nie etwas gehört hatte.

ich weiß, es ist peinlich, wenn man sich als autor lobt. so was sollte ein schwabe erst recht nihct tun, aber ich hab immer wieder gelacht, meistens laut, wenigstens solange meine gerlinde in der schule unterrichtete.

ich fand die gesprächsentwicklung prickelnd, mehr als einen sekt, den ich sowieso nicht mag. es drängte mich rasch weiter, solange das FEUER DER KREATIVEN INSPIRATION brannte.

alles war gerettet, als die tastatur zur beschreibung des lokals kam. wie? mit einem EIGENEN TRAUM. an einem solchen ort möchte ich auch mal sein, da würd mich selbst ein hoher geistlicher nicht stören. also gleich mitgehen. was man haben will, muss man selber in die hand nehmen.

da tauchten erste technische zweifel auf. wie kommen wir hin? schon war zusätzlich ein uralter käfer gefunden, in ein paar sätze eingeflickt, was digital ja saumäßig leicht geht.

der käfer passend zu ratzinger, der auf alte dinger steht. unsere scharfe autofahrt durch rom, die dem papst imponierte. wir landeten bei ihm mit einem leicht angegifteten seitenschlenker, einer ersten stichelei gegen seine SCHÄNDLICHE TÄTIGKEIT ALS ZENSOR, INQUISITOR UND QUÄLGEIST.

schande über ihn, dachten wir, wie kann man bloß 30 jahre lang seine kollegen bespitzeln?

und schon purzelten aus uns heraus die ersten wichtigen fragen, was denn in tübingen wirklich passierte, damals, als er professor war? angeblich eine hoffnungsgestalt neben hans küng.

mir kam appetit, geistlich, auch dem heiner neben mir. und wir wollten gerne was essen. bitte keine pizza. der papst war nicht blöd, nein, keine pizza.

mich sprang ein gedankensplitter von ralf jandl an, alias der satiriker karl napf. hellmut, sagte er mir am telefon, bei einem bayer gibt’s nur ERDINGER WEISSBIER, RADI UND LEBERKAS.

kas, bitte nicht käs, wie sprachlich ausgebleichte schurrnalisten schreiben.

und wie kommt die sprache mit uns voran? unbedingt ein wenig italienisch, mit dem kellner sowieso nur italienisch, sprech ich ja auch. diese herrliche sprache verzauberte uns das wunderbare gartenlokal noch mehr. der papst kam uns gar nicht mehr so dämlich vor, wie wir als freidenker angenommen hatten, hatten annehmen müssen, der eigenen dogmatik zuliebe.

die atmosphäre hellte sich mehr und mehr auf. wir spürten, wie das ganze geschehen dem von BIGOTTEN LEUTEN EINGESARGTEN HERRN gefiel. die belohnung dafür: wir durften ihm fragen stellen, die er uns normalerweise nie beantwortet hätte.

unsere herkunft, von der ostalb und der mittleren alb, nicht weit vom ZENTRUM DES ANTICHRIST. wir nahmen uns glücklicherweise vor, nicht alles selbst ausführen zu wollen, sondern den papst weite strecken das gespräch selbst führen, ja lenken zu lassen – ganz gegen unsere planung. wir zwei waren streckenweise einfach machtlos.

und da ich nicht wusste, wo das zentrum des antichrist ist, stürzten wir durch die päpstliche lebenserfahrung gleich nach TÜBINGEN hinein.

so ergab ein stichwort die nächste kurve, ich musste zusehen, wie der papst das gespräch weitgehend beherrschte.

wenn wir ihm unangenehme fragen stellten wie die nach der wissenschaftlichen haltbarkeit oder eben nicht-haltbarkeit christlicher glaubensinhalte (AUFERSTEHUNG), dann konnten wir ihn das nur fragen, weil wir ihn an seinem eigenen anspruch messen wollten.

ich will nun nicht den weitern verlauf verfolgen, sonst würde ich vom AUTOMATISCHEN SCHREIBEN nochmals verführt, über 90 seiten zu schreiben. das ist wirklich nicht nötig.

mein gründlichster kommentator, norbert feinäugle hat mich als stimme aus dem fernen oberschwaben bei der distanz zu meiner ursprünglichen schreibabsicht erwischt. nun spürte ich deutlich die distanz des autors zum schreibvorgang.

feinäugle zeigte sich erleichtert, dass ich den papst nicht zum endgültigen ABSCHWÖREN von seinem glauben verführte.

erst durch feinäugles genaue beobachtung wurde mir klar, dass ich mein eigenes programm erzählerisch gar nicht erfüllte. ich bin tatsächlich froh, dass der gesprächsablauf dem autor zeitweise aus dem ruder lief.

das hängt mit meinem ursprünglichen ansatz zusammen, den papst von innen heraus und zusammen mit ihm zu erleben – nicht eine vorgefasste schlechte meinung AN IHM VORZUEXERZIEREN.

dieser joseph ratzinger hat von vielen kritikern und kennern VIEL HIEBE bekommen – die übrigens nie früchte getragen haben. die kirche verträgt alles, weil es immer noch milliarden naive gibt, die den religiösen vertröstungen auf den leim gehen.

die vielen knechtsseligen MEDIENSCHWÄTZER lernen eh selten etwas. ratzinger selbst ist BERATUNGSRESISTENT – sonst wäre er nicht OBERINQUISITOR UND PAPST geworden.

während das material über ihn aus meiner schachtel herauswuchs, kam er mir als BÖSER KIRCHENMANN abhanden, tauchte vor mir auf als eine von klein auf GESCHUNDENE KREATUR, die sich diesen weg in die VERSTÜMMELUNG gewiss nicht ausgesucht hat.

wer als sohn eines STOCKKONSERVATIVEN AUTORITÄREN GENDARMERIEKOMMANDANTEN in bayern auf die welt kommt, kann nicht so liebreizend und harmlos bleiben, wie säuglinge gewöhnlich bei uns auftauchen.

von anfang an diese zwanghaften gänge in die kirche, unter der fuchtel eines zur not schlagfreudigen ALTBAYERN.

flankierend das BIGOTTE MILIEU VON ALTÖTTING. psychiater könnten hier leicht auf die GEISTIGE ERKRANKUNG einer ganzen region schließen. wer dort nicht katholisch-verrückt wird, hat den härtetest für die kirchenwelt bestanden.

bald kam ratzinger die erkenntnis, nur durch einen steilen aufstieg im kirchenapparat könne er dieser UNFREIHEIT ALS CHRISTENWURM entgehen. also probierte er auf teufel komm raus die promotion, obwohl er mit dem wissenschaftlich-kritischen denken offensichtlich überfordert war.

das demonstrierte er in rom immer wieder, solange er sich dazu noch zu äußern wagte. jetzt hält sein apparat solche wissenschaftlich nachweisbar falschen äußerungen unter verschluss.

wie die peinlichkeit: auf die von der ERMORDUNG von 15-20 millionen indios begleitete SPANISCHE MISSION in mittelamerika hätten die indios damals sehnsüchtig gewartet.

der klügere, nicht lügenfähige bischof BARTHOLOMÉ DE LAS CASAS (1484-1566) hat uns da anderes berichtet, was ich zur zeit der studentenbewegung in tübingen mit feuereifer las.

wer’s nicht glauben will, lese selbst:

Bartolomé de Las Casas: Kurzgefaßter Bericht von der Verwüstung der Westindischen Länder. Hrsg. von M. Sievernich (it 3162), Inselverlag, Frankfurt/M. 2006, HYPERLINK "http://de.wikipedia.org/wiki/Spezial:ISBN-Suche/345834862X" ISBN 3-458-34862-X.

ratzinger weiß von einer solchen problematischen geschichte sicher nichts, seine grundlegend tiefe unkenntnis für die peinliche seiten des christentums, besonders der katholischen kirche, sind meiner meinung nach begründet im dem SCHMERZHAFT EINGEBLÄUTEN grundcharakter seiner diktatorisch VERHUNZTEN SEELE.

körperlich-seelische MISSHANDLUNGEN erklären uns seinen ÄNGSTLICHEN CHARAKTER, der auch anderen aufgefallen ist. mir für immer bleibend im jahr 1968, während wir aufatmeten, dass wir uns von der nazi-verseuchten generation lösen konnten.

es geschah an der universität tübingen, frühjahr 1968. wir machten ein GO IN zu ihm in die vorlesung, kollege küng stand ihm zur seite. wir wollten wissen, was beide von den drohenden NOTSTANDSGESETZEN hielten, gegen die wir dann den ersten studentenstreik durchführten. küng war es egal, ihn irritierte nur, dass wir ihm nichts von jesus erzählten. (was für ein MODERNER WISSENSCHAFTLER!)

wir kamen uns im falschen film vor. küng fragte am ende ratzinger, was dieser uns studenten sagen wolle. ratzinger wollte nichts sagen, er wusste nichts. verkrampft hielt er seine schwarze aktentasche in der hand, um jederzeit durch einen sprung zur tür sein leben zu retten.

ich könnte noch ewig so fröhlich vor mich hinschreiben. muss aber nicht sein. WER WILL SO VIEL LESEN?

nur noch ein stückchen darüber, wie das automatische schreiben in mir funktionierte und wie mich manche überraschung mitriss.

wir gerieten im gespräch – wir befinden ulns noch in rom im jahr 2010 - in eine stimmung UNTER GLEICHEN, so konnte ich mir schon den scherz erlauben, warum der papst eigentlich nie zur HEILSARMEE wollte?

damit geriet die theaterhafte inszenierung des katholischen kultus zum scherzkeks. in der tat: täten es vielleicht nicht auch die uniformen und mützen der heilsarmee?

aber nein nein, dem papst gefielen diese uniformen ganz und gar nicht. im tiefsten grund wegen der fehlenden weltherrschaft. da könnte er ja nicht der OBERSTE sein – und, da kommt sein sicherheitsbedürfnis zum durchbruch: dann gebe es keine ABSOLUTE SICHERHEIT.

und die braucht der katholik, der schwankende zeitgenosse durch die jahrhunderte. die garantie, dass man nur im verein des herrn ratzinger absolut SICHER sein könne, mündet zwangsläufig in die skurrile idee, alles hänge am STUHL.

stuhl? welcher stuhl? ratzinger versteht uns nicht, wir ihn auch nicht. stellt doch die wichtigste garantie seiner religiösen ÜBERLEGENHEIT über alle eben dieser stuhl dar. –

der STUHL PETRI.
ach so!

dann wusste ich beim schreiben nicht weiter. da kam mir mein vorhergehendes buch zu hilfe „HEISEL REIN – DER GSCHEITE NARR“ – wo ein spaßvogel meines wohnortes betzingen (teilort von reutlingen) die leute bei ihren sprachlichen unklarheiten ernst zu nehmen pflegte – wie EULENSPIEGEL.

da fragt der heiner, ob es diesen stuhl petri gebe? und ob wir ihn sehen könnten? was für eine peinlichkeit für einen kirchenfürsten. aber ratzinger ist gütig, wir sind ihm schon so sympathisch geworden, dass er mitspielt bei der DEKONSTRUKTION DER PAPSTTHEORIE.

gell, wir können unglaublich modern sein? jawohl. gleich sitz ich viel aufrechter auf meinem computerstuhl.

mir fiel ein seitenblick auf den armen griechisch-orthodoxen patriarchen von istanbul ein, der mir wirklich leid tat, wenn er sich von ratzinger vorhalten lassen musste, nur er, ratzinger, könne auf diesem STUHL PETRI sitzen.

warum? - zwei haben keinen platz. - ach so. - und deshalb weiche ratzinger manche nacht nicht von diesem stuhl? – wir leiden ein bisschen mit ihm, dem verteidiger der alleinseligen kirche. diese harten nächte auf dem allein selig machenden stuhl.

nun ertapp ich mich dabei, dass ich rein menschlich mitfühle mit diesem partriarchen von istanbul, dem armen schlucker im ehrenamt mitten unter einer militant autoritären intoleranten islamischen gesellschaft.

ich weiß, so was gehört nicht zu einem glasklaren religionskritiker, hier führt mein herz mich weiter, als der verstand wollte.

und das tut mir hinterher gut, bei jedem späteren durchlesen. und ich lese dieses papst-besuchs-protokoll immer wieder gerne. wobei ich gestehe, dass das lachen nach dem 20. mal nicht mehr so laut und überraschend ausfällt. ich kenne ihn, diesen alten schlingel, den hellmut.

heiner, der präzisere freidenker, lässt beim STUHL nicht locker. man muss das wort ernst nehmen, nicht diese üblichen ausreden, das sei halt nur symbol usw.

nix da, stuhl ist stuhl. und wie sieht er aus? so kommt zur erheiterung heraus, dass es sich um den LEHNSTUHL SEINER GROSSMUTTER handelte, in dem sie auch gestorben sei.

gleich wird die sich einstellende pietät wieder gestört, denn der lehnstuhl wurde versaut, weil die buben ihn in den fluss kippten. eine positiv folge: seitdem sieht er so mitgenommen aus, wie ein 2.000 jahre alter stuhl petri aussehen muss. also alles hat auch sein gutes, selbst unfug und unglück.

ein wort gab das andere, der papst wurde immer besser. bekam ein bier nach dem anderen, zum glück mussten wir nichts bezahlen. GING ALLES AUF KOSTEN DES STUHLS.

was tun? wir konnten doch nicht ewig in derselben kneipe sitzen? 90 seiten lang. so zog uns die gemütvolle atmosphäre hinaus auf die straße, richtung campo dei fiori. da musste ich mit google map vorher klären, wie weit das ist und ob der wackelgreis so weit zu laufen vermochte.

konnte er, wir haben es mit ihm bewiesen. vorbei ging’s an dem herrlichen palazzo einer witwe, deren höllenangst vom vatikan manipuliert wird, um sich ein gutes stück weltlichen besitzes unter den nagel zu reißen.

weil er drei bier gekippt hatte, mussten wir ihm unter die arme greifen. so kamen wir einander näher, er fand uns noch sympathischer, obwohl er merkte, dass wir wirklich GOTTLOSE SPITZBUBEN waren.

er fühlte das sonst nirgends stillbare bedürfnis, mit lustigen, schrägen, gottfernen jüngeren menschen zusammen zu sein. dabei werd ich nächstes jahr 70, bin aber doch 1942 geboren, nicht 1927. gewaltige welten liegen zwischen uns, deren opfer ich nicht hätte werden wollen.

das standbild des auf dem campo dei fiori verbrannten philosophen, ketzers und wahrheitsfreudes GIORDANO BRUNO will der papst natürlich nicht sehen, er stellt sich dumm – und so gelingt es ihm wirklich, uns zu leimen.

wir scheinen zu verlieren, aber auf diesem umweg werden wir glaubwürdig eine spitze los gegen die theologen, die einfach die augen zumachen, wenn sie die realität nicht anerkennen wollen.

so muss es ihm passieren, wenn er nicht aufpasst, heiner versteckt sich hinter dem denkmal des GIORDANO BRUNO. eine schöne gelegenheit, dass der papst uns seine albträume von diesem unbequemen zeugen gegen die kirche offenbart.

rasch weiter, ich werd SCHWEITWEIFIG, wie karl valentin gerne sagte. sobald das thema BRUNO erschöpft ist, müssen wir wieder einkehren, nun in ein berühmtes römisches cafe.

was sehen nun unsere ungläubigen augen? zwei flotte damen, kurze röcke, die auf kunden warten. der papst flüstert uns zu, junge damen seien ihm nie gefährlich gewesen – eher schon junge herren – aber auch diese in seinem alter schon lange nicht mehr.

wir werden uns immer sympathischer, und niemand wird uns vorwerfen, dass wir uns blamiert hätten. die gunstgewerblich erfahrenen damen verstehen, ihm seine zunge in sachen erster liebeserfahrung zu lösen.

der heimliche höhepunkt, da passt jede leserin samt ihrem schatz gerne auf.

mehr wird jetzt nicht gesagt. das gespräch flutscht von einer station zur nächsten. wie das weitergehen sollte, ergab sich erst aus dem ort und der sich gegen meinen willen herausbildenden inneren logik.

nach den niederlagen in sachen liebe blieb uns nur eine einzige gelegenheit zu einem schlussdonner: ein gewitter überm petersdom. wieder will er nix sehen, der papst, er bleibt sich treu, bis der dachstuhl in flammen steht. wir fahren zur stätte seiner permanenten offenbarung – aber die feuerwache lässt den chef nicht hinein, er ist zu gut getarnt.

da erst, nach dem brand des domes, stellte sich mir die bisher nicht geahnte absicht des ganzen besuches ein, ihn durch ernstnehmen der sichtbaren realität von seinem pfaffen-aberglauben loszueisen.

auf den gang durch den zerstörten petersdom kam ich durch georg elser. am tag nach elsers sprengung in münchen (8. nov. 1939) stieg ein rundfunkreporter durch den zerstörten saal des bürgerbräukellers und schilderte über den großdeutschen rundfunk, was er an verwüstung sah. die damalige live-aufnahme habe ich vom rundfunkarchiv bekommen und nach dem tonmaterial in meinem buch beschrieben. ratzinger stieg ähnlich über die schutthaufen.

er suchte gemäß unserem programm seinen gott, fand ihn nicht, erkannte langsam, dass der hier wohl nie gewohnt haben konnte. ja, dass es den da oben wohl nie gegeben hat, seinen gott.

es folgte die erwartungsvolle fahrt in den päpstlichen weinkeller. eigentlich hätte ich gerne dort weitergemacht. aber ich erschrak, wie aus den geplanten fünf seiten vorwort ein theaterstück von über 90 seiten geworden war.

wie soll das gedruckt werden? wo? und wer soll das lesen? wenn ich jetzt nicht aufhöre, wo soll das alles noch enden?

bitte nicht auch noch die späteren witze im päpstlichen weinkeller, sagte ich mir. der papst wollte eigentlich weitermachen, er fühlte sich so gut, sagte er uns, wie seit jahrhunderten sich kein papst mehr wohl gefühlt hat, bei ungläubigen. und nicht die geringste innere verlockung, zu einem streichholz zu greifen, um den unglauben auf der welt auszuräuchern.

ich ließ mein kunstwerk den heiner lesen. der war zuerst wenig zufrieden, weil der papst so wenig auf die verbrechen seiner pädophilen kollegen angesprochen wurde. ich fügte ein stück ein, nicht viel, eingebettet in die kollektive MISSHANDLUNG DER ZWANGSHAFT GLÄUBIGEN.

mit einem mal kamen dem heiner bedenken. wir zwei nähmen hier das papsttum auf die schippe. das könne bös enden, wenn ein fanatiker uns anklage: § 166 strafgesetzbuch. ich wollte darauf zuerst nicht eingehen, aber heiner entdeckte etwas, was mir als autor wildfremd ist: verbergung des namens wegen der informationellen selbstbestimmung oder ähnlich. denn was bin ich als autor ohne meinen namen? EIN BLEICHES NICHTS.

so kamen erst hinterher unsere decknamen auf, ihr wahrer wortsinn leicht zu ermitteln, aber man muss es selber rauskriegen. und tatsächlich gewannen nun dieser mittag und der abend beim papst druch die pseudonyme mehr LEICHTIGKEIT.

um uns abzusichern, rechtlich, und die leser daran teilnehmen zu lassen, ließen wir vier kanzleien gutachten zu unserer gefährdung durch § 166 erstellen.

was das gekostet hat! vier gutachten, vier völlig andere ansichten. die ganze mühe und das viele geld hätten wir uns sparen können. klarheit gibt’s bei den rechtsanwälten nicht, ja meistens nicht mal beim gericht.

schade nur, jammerschade, dass ungeschrieben blieb, was im weinkeller alles erzählt wurde. nicht geschrieben heißt bei mir möglicherweise nur: noch nicht geschrieben, erst noch im zustand des TRAUMS.

da kam uns noch der fund des tonbands im cisalpino milano-zurigo zu hilfe. glücklicherweise hatten die teilnehmer das band tadellos abgeschrieben, die echtheit mit beiden schwurhänden besiegelt und uns die freie verwertung überlassen.

dann streifte mich der nächste schub des AUTOMATISCHEN SCHREIBENS. das büchlein, nr. 7 meiner ältesten exilbibliothek BLAUWOLKENGASSE, ist ein erfolg. schon die 2. auflage nach ein paar wochen aufgelegt.

hurra, ich bin noch nicht im zuchthaus ROTTENBURG.

sobald ich einen größeren verlag dafür gewinne, könnte bei mir ein weiteres tonbandprotokoll einlaufen, diesmal vielleicht nicht so tadellos abgeschrieben, weil die tonqualität unter dem wein litt.

meine INSPIRATION verrät mir schon, worum es da geht: die alten schwänke aus dem vatikan-BUGIALE, dem lügensalon, wo um 1420 die päpstlichen geheimsekretäre sich durch witze und späße und freche erzählungen zu erholen pflegten, wenn sie den ganzen tag den BIGOTTEN UNFUG mitschreiben oder verfassen mussten. - die schwänke des POGGIO BRACCIOLINI aus florenz, die älteste witzesammlung der welt.

ach, könnte ich schon loslegen, um diesen versäumten teil der nacht mit dem papst nachzuholen.

was die erzählkonstruktion des papstbesuches angeht, hat der germanist feinäugle natürlich recht, hier ist vieles offen, was den katholiken trösten kann – und soll.

tatsächlich hat der papst bei mir nicht abgeschworen. es ist nicht ausgemacht, ob er nicht am nächsten morgen, nach einem katerfrühstück, unbeeindruckt sein amt weiter versieht.

oder, und das ist bei der automatischen schreibweise noch offen, vielleicht folgte er, ganz freiwillig, unserem vorschlag, mit uns in unserem alten käfer einfach loszufahren.

gemütlich zuckelnd über den appenin, mit einem ruhetag in einem vergessenen bergdorf, ein paar tagen erholung in einem toskanischen weingut. venedig, ein schlenker ins abseitige triest, wo ratzinger schon immer hinwollte, wegen der berühmten schriftsteller und dem alten österreichischen charakter. endlich über die julischen alpen nach bayern, ins ersehnte regensburg.

dort fällt er uns um den hals mit den tiefsten dankgefühlen, deren dieser gequälte mann noch fähig ist.

herzensgute verabschiedung im geträumten biergarten voller blühender pflanzen an der donau, in regensburg. wir entlassen ihn in den ruhestand, er uns ins schwabenland.

was er wirklich glaubt und ob er sich noch als der STELLVERTRETER von irgendjemand fühlt, werden wir ihm überlassen. wir hatten eine schöne reise - und haben die genugtuung, als erste einen amtierenden papst so eng mit humorvollen stimmen der vernunft in kontakt gebracht zu haben, wie es noch nie ein chef im vatikan erlebt hat.

hellmut g. haasis
(august 2011)

 

 

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